Körperkontakt nur auf der Bühne

Rheinpfalz, Ausgabe vom 29. Mai 2020, von Julia Plantz.

Seit Mittwoch kommt wieder Bewegung ins kulturelle Leben: Die Corona-Lockerung kommt gerade recht für Anja Kleinhans’ „Theader-Sommer“ ab 9. Juni. Wegen der Auflagen ist auf der Fläche vor ihrem Turm in der Freinsheimer Altstadt in diesem Jahr aber alles anders als sonst.

Jemanden anfassen, der nicht im eigenen Haushalt wohnt? Und sei es für einen Handschlag? Nach Wochen der Corona-Isolation sind selbst kurze Berührungen schwer vorstellbar. Und doch kommt es beim „Theader-Sommer“, den die Stadt Freinsheim jedes Jahr bei Anja Kleinhans veranstaltet, tatsächlich zu – wenn auch verhaltenem – Körperkontakt. Das Zwei-Personen-Stück „Paradiso“ sieht vor, dass Kleinhans ihrer Kollegin Anke Siefken den Rücken massiert. „Wir haben beschlossen, wir sind die Menschen aus zwei Haushalten, die sich näherkommen dürfen“, sagt Kleinhans mit Blick auf die geltenden Corona-Verordnungen, denen sich auch Schauspieler in Aufführungen beugen müssen.

Überhaupt hat Kleinhans eine Menge über Verordnungen gelernt, seit klar ist, dass der „Theader-Sommer“ stattfinden kann. Wenn auch völlig anders als sonst. Denn die Rückenmassage wird wohl der intensivste Körperkontakt der 15 Aufführungsabende bleiben. Dass Zuschauer gute Bekannte mit Küsschen begrüßen oder auch nur in der Pause zusammen ein Glas Wein trinken, das sehen die geltenden Regelungen nicht vor. Abstand ist hier wieder der zentrale Punkt.

Gedanklich führt Kleinhans den künftigen Besucher schon mal durch den Abend: Durch eine Schleuse geht es zur Kasse, natürlich mit Maske. Wer krank ist, darf nicht rein, das muss auf einem Schild ausgewiesen werden, erzählt die Theaterleiterin. Karten sollten besser im Vorfeld reserviert worden sein. Denn Kleinhans und ihr Team wollen die Stühle nach eigenem Bekunden nach Bedarf aufstellen – maximal sechs nebeneinander. Danach geht es zur Handdesinfektion. Die Gäste werden nach einem Sitzplan ihrem Stuhl zugewiesen. Dort angekommen muss ein Zettel ausgefüllt werden. Eingesammelt werden die Schriebe vom Team. Die Besucher bleiben auf ihrem Stuhl – bis es in Einbahnregelung zum Ausgang geht (natürlich liegt der separat). Immerhin: Wer am Platz sitzt und sich die Vorstellung ansieht, muss keine Maske tragen.

In der Pause gibt es Bedienung am Stuhl, damit kein Besucher herumläuft. Eine Ausnahme gibt es nur für den Toilettengang. „Der Verkehrsverein stellt uns freundlicherweise das Toilettenwägelchen kostenfrei zur Verfügung“, sagt Kleinhans. So sei mehr Platz gewährleistet. Pro Geschlecht darf immer nur eine Person in den Wagen. Nach dem Händewaschen geht es dann wieder zum Gelände und zum Handdesinfektionsmittel.

Kurz gesagt: eine Menge Auflagen, durch die sich Kleinhans durchgearbeitet hat. Teilweise mit sich ändernden Vorgaben. Dürfen vielleicht auch zehn Personen nebeneinander sitzen? Wäre Thekendienst nach den aktuellen Entwicklungen nicht vielleicht doch machbar? All das sind Überlegungen vor dem Hintergrund eines sich ändernden Systems.

„Die Verwaltungen kommen nicht hinterher“, beobachtet Kleinhans. Wer erarbeitet das Hygienekonzept? Letztlich habe sie das selbst gemacht, in Absprache mit dem Ordnungsamt. Regelungen gibt es bereits am Wochenende, wenn Schauspielkollegin Anke Siefken ihr Stück „Renate Bergmann – Ich bin nicht süß, ich hab bloß Zucker“ aufführt. Am Freitag und Samstag, jeweils 19.30 Uhr, spielt sie das Programm. Nicht wie geplant im Turm, sondern coronabedingt ebenfalls unter freiem Himmel.

Die Stadt als Veranstalterin müsse dieses Jahr wohl mit weniger Einnahmen rechnen, so Kleinhans. Werden doch aufgrund der neuen Vorgaben nur bis zu 60 Besucher kommen können. Sonst war eine Belegung von bis zu 100 Personen möglich. Gesponsert werden die Aufführungen von der Sparkasse, dem Landkreis und dem Land. Dazukommen regionale Gewerbetreibende als Sponsoren.

Wegen Corona hat sich ein Helferkreis für den „Theader-Sommer“ gebildet. Trotzdem gebe es „Unmengen mehr Arbeit“ durch Auflagen und Organisation. Da vergehe einem zwischendurch schon mal der Spaß. Aber: Wenn die Saison starte, „dann weiß ich wieder, warum ich es mache“, sagt Kleinhans.

Im Stück – laut Kleinhans eine besinnliche Komödie, kein Schenkelklopfer – wird Corona übrigens auch eine kleine Rolle spielen. Dass es die Massage nur mit Handschuhen geben wird, hat ausnahmsweise aber nichts mit Corona zu tun. Das erfordert die Rolle.

INFO
Der „Theader-Sommer“ startet am 9. Juni und läuft mit kleinen Unterbrechungen bis zum 26. Juni täglich. Es wird um Reservierung
unter gebeten.

Corona Information

Für unsere Vorstellungen gilt die jeweils aktuelle Corona-Verordnung von Rheinland-Pfalz.