Das Leben, die Liebe und der Tod

Rheinpfalz, Ausgabe vom 29. August 2020, von Alois Becker.

Theater Alte Werkstatt fesselt Publikum auf Sommerbühne mit „Emmas Glück“.

Zwischen der puren Freude am Leben und der traurigen Realität des Todes bewegt sich die Tragikomödie „Emmas Glück“. Das Theater Alte Werkstatt zeigte das Monologstück am Donnerstagabend auf seiner Sommerbühne im Winzerhof Claus in Großkarlbach. Darstellerin Anja Kleinhans fesselte zwei Stunden lang das aufmerksame Publikum.

Dass der dramaturgische Faden zu keinem Zeitpunkt abriss und die Geschichte bis zum Schluss hochspannend blieb, war das Verdienst von Anja Kleinhans. Mit großem Einfühlungsvermögen und stimmlicher Wandlungsfähigkeit gab sie den verschiedenen Personen des Stücks ein authentisches Gesicht. Was die Chefin vom Theader Freinsheim ablieferte, war hohe Schauspielkunst. Bei aller Tragik des Geschehens gelang es ihr immer wieder, auch heitere Akzente zu setzen. So imitierte sie nicht nur genüsslich und in allen Tonlagen das Motorengeräusch ihres Mopeds und Traktors, sondern kostete auch die bauartbedingten Vibrationen als Lustgewinn voll aus.

In der Inszenierung, die auf dem auch verfilmten Erfolgsroman von Claudia Schreiber basiert, wird die Story von hinten aufgerollt. „In meinem Bett liegt ein Toter, ich bin übrigens Emma“, lässt sie das Publikum wissen und schickt sich an, mit einem gepackten Koffer das Weite zu suchen. Doch vorher zeichnet Anja Kleinhans das Psychogramm der Titelheldin, die es in ihrem Leben wahrlich nicht leicht hatte. Emma wurde von einem despotischen und sadistisch veranlagten Großvater geprägt, der viel zu feige Vater beging Selbstmord, die Mutter verstarb früh. Und plötzlich war sie auf dem Bauernhof mit ihren Tieren allein.

Liebe ohne Happy End

Der einzige Mensch, der Emma je geliebt hat, war Henner, der etwas trottelige Dorfpolizist, der wiederum unter der Fuchtel seiner bösartigen Mutter stand. Da ging nur wenig zusammen. Und jetzt droht auch noch die Zwangsversteigerung des Hofs. In eine Zinkwanne – eines der wenigen Requisiten auf der Bühne – zieht sich Anja Kleinhans wiederholt zurück, wenn sie vom schmerzfreien Schlachten ihrer Schweine erzählt.

Als vor dem Haus ein roter Ferrari verunglückt und ein gut aussehender Mann namens Max auf der Bildfläche erscheint, wendet sich das Blatt. Ganz behutsam entwickelt sich zwischen dem Städter und der Bäuerin eine rührende Liebesbeziehung, die freilich unter keinem glücklichen Stern steht und von kurzer Dauer ist. Der Sack voll Geld auf dem Beifahrersitz ist ebenso gestohlen wie das Auto. Max hat seinen Freund Hans gelinkt und will sich nach Mexiko absetzen.

Meisterhafte Rollenwechsel

Emmas von Schlachten und Wurst bestimmter und rustikal ausgerichteter Lebenswandel gerät etwas aus dem Gleichgewicht, als Max ihre im Dreck versinkende Küche gehörig ausmistet und ausgerechnet Ratatouille zubereitet. Dann schon lieber Coq au vin, doch dafür muss ein Huhn sterben. Die routinierte Theaterfrau Anja Kleinhans war in ihrem Element, meisterte ganz locker die ständigen Rollenwechsel und fiel dabei hin und wieder auch in den Pfälzer Dialekt.

Dunkle Wolken ziehen auf, als Emma erfährt, dass ihr frisch Angetrauter an einer unheilbaren Krankheit im Endstadium leidet. Die Schmerzen werden immer unerträglicher, Max ist zu schwach, selbst zu agieren. Und da schreitet die resolute Emma mit dem Schlachtmesser zur Tat und erlöst ihn – nicht ohne zuvor, wie auch bei ihren Schweinen, eine Geschichte zu erzählen. „Auf Wiedersehen, Max“, ruft sie und verlässt mit dem Koffer die Bühne.

Zurück blieben ein tief beeindrucktes Publikum, eine glückliche Anja Kleinhans, die endlich wieder spielen durfte, und eine ganze Menge Stoff zum Nachdenken über Leben und Tod.

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