Rheinpfalz, Ausgabe DÜW vom 06. Juni 2020, von Sigrid Ladwig.
HINTER DEN KULISSEN: Die eine ist alt, belesen und zunehmend hilfsbedürftig, die andere gibt sich schlicht und robust. Das stiftet keine Sympathie – zumindest nicht auf den ersten Blick. Beim Freinsheimer „Theader-Sommer“ feiert am kommenden Dienstag „Paradiso“ Premiere.
Das der Wandel zum Leben gehört, zeigt das Theaterstück „Paradiso“ mit Humor und Tiefsinn. Für eine abwechslungsreiche Mixtur sorgen beim diesjährigen Theader-Sommer die Schauspielerinnen Anja Kleinhans und Anke Siefken. Von Dienstag an laden das Theader Freinsheim und die Stadt zur allabendlichen Vorstellungsreihe auf der Freilichtbühne am Casinoturm ein.
In acht Bildern hat die österreichische Autorin Lida Winiewicz, 1928 in Wien geboren, ihre Komödie „Paradiso“ verfasst. Es sind Bilder, die eine rasant fortschreitende Entwicklung von Menschen binnen zwei Jahren zeigen. Alles beginnt mit dem Aufeinanderprallen von zwei sehr gegensätzlichen Frauen: Scharfzüngige Wortgefechte, in denen auch Gemeinheiten hin- und herfliegen, beherrschen die ersten Szenen unter den alten Bäumen vor der Freinsheimer Stadtmauer.
Die Proben zu der vom Kultursommer Rheinland-Pfalz geförderten Inszenierung zeigen, dass der Zuschauer sich auf ein ebenso unterhaltsames wie einfühlendes Stück freuen darf. Differenziert arbeitet die Regie von Johanna Regenauer die Prozesse heraus, die sich zwischen den beiden Charakteren entfalten. So wird deutlich spürbar, wie sich auch in den Gegenspielerinnen selbst überraschende Veränderungen einstellen.
Es sind Wandlungen, die bei allem Ernst der Thematik Hoffnung machen. Denn es geht um nichts weniger als um seelische Einsamkeit und um körperlichen Verfall. All dies wird versetzt in die Jetztzeit, sodass die Thematik der Corona-Pandemie hinzu kommt und Probleme wie Isolation und Angst noch verschärft werden.
Das Alleinsein ist den beiden Bühnenfiguren gemeinsam: Anke Siefken spielt die ältere, hochgebildete und gut situierte Martha, die im Park die mittellose Krankenschwester Vicky kennen lernt. Anja Kleinhans ist in der Rolle dieser resoluten Frau zu sehen, die geradlinig denkt und ihre Gedanken unverblümt in Pfälzer Mundart offenlegt.
Dass die zwei Frauen einander nicht schonen und im Laufe der Zeit dennoch eine innige Freundschaft schließen, das öffnet für den Zuschauer eine große Bandbreite von Gefühlen. Unweigerlich wird er mitgenommen ins Spannungsfeld wischen Abwehr und Anteilnahme, zwischen Zuversicht und Trauer, zwischen Erinnerung und Zukunftsangst. Und immer wieder erhellt spritziger Wortwitz den darin verborgenen, dunklen Ernst.
Das Leben erscheint wie die Handlung über einer abgründigen Stufe (Bühnenbild von Marco Wörle). Unter der Spielebene mit dem Treffpunkt Parkbank sieht man eine parkähnliche Umgebung mit Blumenbeet und großem Wasserbecken, das der Bauhof Freinsheim angelegt hat. Schwankende Stimmungen spiegelt das Wasser wider: Mal schiebt Vicky ungeduldig den Rollstuhl mit Martha vorbei, mal lassen die beiden im Erinnern an ihre Väter gemeinsam die Gedanken schweifen.
Passend begleitet die Musik solche anrührenden Szenen: Cellist Burkard Maria Weber und Gitarrist Alex Lützke unterstreichen wirkungsvoll die Stimmung. Die schwebenden Töne lassen das Aufwärts und Abwärts anklingen, das unser wechselvolles Leben prägt.
TERMINE
„Paradiso“ feiert Premiere am kommenden Dienstag, 9. Juni, um 20 Uhr. Bis zum 26. Juni laden Stadt und Theader Freinsheim allabendlich um jeweils 20 Uhr zur Aufführung ein, ausgenommen sind der 14., 15 und 22. Juni. Um Reservierung wird gebeten unter oder unter Telefon 06353 932845.