Zum ersten Mal wird öffentlich diskutiert

Rheinpfalz, Ausgabe vom 23. Juni 2022, von Dagmar Schindler-Nickel.

Vor der heutigen Stadtratssitzung stehen die Zeichen eher in Richtung Verkauf der ehemaligen Freinsheimer Synagoge

FREINSHEIM. Zum ersten Mal wird sich heute die Freinsheimer Kommunalpolitik öffentlich mit der Zukunft der ehemaligen Synagoge befassen. In dem Thema steckt allerhand Zündstoff, denn im Hintergrund wirbt Anja Kleinhans weiterhin für ihre Idee, aus dem Gebäude ein kulturelles Zentrum zumachen.

Die Leiterin des Theader Freinsheim beschäftigt sich mit der Zukunft der ehemaligen Synagoge in der Judengasse, seitdem der Männergesangverein Ende letzten Jahres seine Auflösung beschlossen hatte. Für ihre Idee hat Kleinhans verschiedene Fördermöglichkeiten aufgetan und im Frühjahr der Stadt ein ausführliches Konzept vorgelegt (wir berichteten). Zu dessen Verwirklichung müsste sich die Stadt dazu entschließen, das Gebäude zu behalten. Bislang wurde über die Zukunft des Gebäudes, das nach einer über 40 Jahre langen Erbpacht durch den Männergesangverein zum Jahresende wieder an die Stadt zurückgefallen war, nur hinter verschlossenen Türen diskutiert. Heute werden die Meinungen zum ersten Mal öffentlich ausgetauscht. Doch die Zeichen stehen im Vorfeld der Stadtratssitzung (19 Uhr, von-Busch-Hof) eher in Richtung Verkauf. Kleinhans plädierte dafür, die Grundsatzentscheidung des Rates zu verschieben. Denn die Öffentlichkeit habe sich noch kein richtiges Bild von der Debatte machen können.

Dem Stadtrat liegt heute nach einer nichtöffentlichen Sitzung von Bau- und Hauptausschuss ein Beschlussvorschlag auf dem Tisch, der besagt, dass das Anwesen verkauft werden soll. Es sei eine Mehrheitsentscheidung gewesen, erläutert Bürgermeister Matthias Weber (FWG). Das letzte Wort habe nun der Stadtrat. „Wir machen uns die Entscheidung nicht leicht“, betont auch der für die städtischen Liegenschaften zuständige Beigeordnete Willi Simon (FDP). Beide verhehlen nicht, dass sie für einen Verkauf des Gebäudes eintreten. Hauptargument ist dabei die Finanzsituation der Stadt. „Wir können uns ein weiteres Gebäude, in das wir investieren und das wir unterhalten müssen, einfach nicht leisten“, findet Weber. Schon jetzt, so erläutert Simon, stehe die Stadt und ihre Finanzplanung unter strenger Kontrolle der Kommunalaufsicht. „Der Kreis möchte, dass wir unsere Ausgaben priorisieren. Und das haben wir auch getan“, so Simon und verweist auf die Stadtmauersanierung oder die Renovierungsarbeiten im Erdgeschoss des Retzeranwesens. „Wir bekommen zwar dafür Zuschüsse, trotzdem müssen wir einen Eigenanteil selbst finanzieren“, betont Simon. Wegen der finanziellen Lage der Stadt habe sich der Stadtrat auch im Herbst 2021 dazu entschlossen, sich vom Objekt Bärengasse 3 zu trennen.

Nach einer groben Kostenschätzung müsste die Stadt – sollte sie das Gebäude behalten – rund 200.000 Euro in die Sanierung der alten Synagoge stecken. Laut Gutachten beträgt der Wert des Gebäudes 140.000 Euro. Schwierig sei es, einen behindertengerechten Zugang zu den Toiletten im Keller zu schaffen. Der Keller, vom Männergesangverein selbst vor rund 40 Jahren ausgehoben, habe zudem ein Feuchtigkeitsproblem. Auch das Dach ist sanierungsbedürftig. Im Erdgeschoss versprüht das Gebäude noch den Charme eines alten Vereinsheims mit Theke und entsprechender Bestuhlung. Modern eingerichtet ist jedoch die Küche mit funktionstüchtigen Geräten. „Wir können ja nicht sagen, dass wir das Gebäude in einem schlechten Zustand übernommen haben“, betonte Simon. Jedoch nage eben der Zahn der Zeit an dem Gebäude. Aktuell ist das Haus vermietet und wird vom Immobilienkontor
Von Marie-Louise Wiesenbach insbesondere für Versammlungen genutzt.

Zum 1. Januar 2023, so Simon, wolle man das Gebäude gerne an den nächsten Nutzer übergeben. Wer der Käufer sein könne, darüber gebe es noch keine Überlegungen. Man wolle erst die Grundsatzentscheidung im Stadtrat abwarten. Dabei gehe es auch nicht um eine Abstimmung über die Pläne von Anja Kleinhans, betonte Simon. Doch dass bei einer entsprechenden Nutzung auch das Umfeld berücksichtigt werden müsse, diesen Hinweis konnten sich Simon und Weber nicht verkneifen. So habe es bei einem Jazz-Workshop des Kulturvereins im Frühjahr Beschwerden aus der Nachbarschaft gegeben.

Weber argumentiert, dass die Stadt mit dem alten Spital, der Weingalerie, dem historischen Rathaus, dem von-Busch-Hof und dem Retzerhaus bereits fünf Gebäude für Kultur- und Sozialarbeit zu Verfügung stelle.

Nach einem Gespräch mit der Denkmalpflege ist laut Weber deutlich geworden, dass das ursprüngliche Gebäude der alten Synagoge außen nicht verändert werden darf. Der Anbau im hinteren Teil, der sich kaum erkennbar nach hinten anschießt, müsse sich dem vorderen Teil unterordnen. „Es kann also niemand dort ein dreistöckiges Gebäude errichten“, wies Simon entsprechende Befürchtungen zurück.

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